Eine ganz kurze Geschichte der Silberfotografie bis 1851

Die Fotografie hat viele Väter und ihre ideellen und praktischen Vorläufer reichen erstaunlich weit zurück. Die grundsätzliche Funktionsweise der Camera Obscura wurde bereits von Aristoteles beschrieben. Der Mönch Roger Bacon (aka. „William von Baskerville“), der arabischen Vorbildern folgte, baute im Mittelalter Kameras zur Sternenbeobachtung. In der Renaissance setzte sich die „fotografische“ Zentralperspektive in Europa allgemein durch. Leonardo da Vinci beschäftigte sich ausgiebig mit der Lochkamera, die man zur gleichen Zeit zum ersten mal mit einfachen Linsen ausstattete.
Die elegante, tragbare Kamera, die direkte Vorläuferin unserer Fotoapparate, war im 17. und 18. Jahrhundert als Zeichenhilfe in weitem Gebrauch und wurde weiter verbessert.


Johann Heinrich Schulze, Professor in Altdorf, hat als erster um 1720 die Lichtempfindlichkeit der Silbersalze erforscht. Das andere Hauptproblem der Silberfotografie löste hundert Jahre später der englische Naturforscher Sir John Herschel: Er entdeckte die Wirkung des Fixiersalzes. Damit waren alle Voraussetzungen für die Silberfotografie geschaffen – sie musste nur noch erfunden werden.


1839

Im Jahr 1839 wurde die auf Forschungen von Joseph Nicéphore Niépce basierende Erfindung Luis Daguerres sowie wenig später die von William Fox Talbot auf der anderen Seite des Ärmelkanals dem breiten Publikum vorgestellt. Beiden war es gelungen, Abbilder der Natur in Silber herzustellen und zu fixieren.


Es hat wahrscheinlich nie vorher und nachher eine Erfindung gegeben, die so sensationell einschlug, wie die Fotografie im August 1839. Die Welt hatte anscheinend auf sie gewartet und die erwähnten Protagonisten waren nicht die einzigen, die im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts intensiv in diesem Bereich forschten – es gibt noch etliche andere, denen zugesprochen wird, die Fotografie "erfunden" zu haben.


Obwohl beide Technologien auf der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen beruhen, waren die Erfindungen von Daguerre und Talbot recht verschieden.


Daguerreotypien sind Direktpositive auf versilberten Kupferplatten. Die spiegelverkehrten Fotografien sind dank Nanotechnologie extrem hochauflösend. Dieser bis heute unerreichte Detailreichtum war die eigentliche Sensation von 1839 und versetzte die streng realistische Malerei in Angst und Schrecken.


Talbotypien (oder Kalotypien) basieren dagegen auf gewachsten Papiernegativen, von denen eine beliebige Anzahl Positive hergestellt werden kann. Im Grunde genommen war das die noch bedeutendere Medienrevolution. Trotz dieses Vorteils, der zum ersten mal die Herstellung quasi identischer Kopien erlaubte, war Daguerres Verfahren, aufgrund seiner überragenden Qualität und einer liberaleren Patentsituation das bei weitem erfolgreichere.
Quasi über Nacht wurde die Fotografie zum Leitmedium ihrer Zeit und entwickelte sich, angefeuert von vielen kleinen und großen Innovationen rasant weiter. Die ersten 30 Jahre der Fotografiegeschichte jagen sich Verbesserungen, Erfindungen, Irrwege und neue revolutionäre Verfahren, die sich innerhalb kürzester Zeit weltweit verbreiteten.


Eine Reihe von Verbesserungen führte dazu, dass innerhalb von zwei Jahren die typische Belichtungszeit einer Daguerreotypie von 15-30 Minuten (bei optimalen Bedingungen) auf deutlich unter eine Minute sank, was vor allem für die Portrait- und Reportagefotografie von großer Bedeutung war.


Die Optik machte ebenfalls enorme Fortschritte: Mit einer Lichtstärke von bis zu 1:3,5 beeindruckt das Petzval-Objektiv von 1840 noch heute.